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Artikel zum 15-jährigen Bestehen der FSSP: Mit etwas Geduld wird auch aus Gras Milch
"Linz-Minoritenkirche, Sonntag, 10:00 Uhr: Etwa 140 Meßbesucher teilen sich nach dem feierlichen Hochamt in drei Gruppen. Die einen bleiben in der Kirche, um die Christenlehre anzuhören, die anderen plaudern vor der Kirche, die dritten eilen nach Hause.“
So begann vor fünf Jahren ein Artikel, der die Linzer Gemeinde der Priesterbruderschaft St. Petrus, anläßlich ihres 10-jährigen Bestehens vorstellte. Heute, wenn die Bruderschaft ihr 15- jähriges Bestehen feiert, ist das Bild in Linz ein anders. Die Kirche ist nicht mehr so voll und die Gruppe der Plaudernden ist kleiner geworden. Steht es heute schlechter um die Gemeinde?
Keineswegs!
Mittlerweile kann die Bruderschaft in Linz eine zweite Sonntagsmesse anbieten: 08:30 feierliches Hochamt, 10:30 Bet-Singmesse. Die einen bleiben immer noch nach dem Hochamt in der Kirche, um die Christenlehre zu hören, die andern strömen schon in die Kirche, um noch vor der Messe der Christenlehre zu folgen. Der Beichtstuhl ist umlagert, weil während den Messen auch Beichtgelegenheit angeboten werden kann. Die Plauderer werden gestört von den Zuspätkommenden, die nach Hause Eilenden sind die gleichen geblieben.
Die Anzahl der Messbesucher teilt sich nun auf zwei heilige Messen auf. Für jede Messe hat sich ein bestimmter Kreis von Gläubigen gebildet. Das Hochamt mit Weihrauch und Choralgesang wird vorzugsweise von jenen besucht, die gerne einer feierlichen Liturgie folgen. Die bewußt schlichter und kürzer gehaltene "Spätmesse“ um 10:30 wird vor allem gerne von Familien mit Kindern genützt, von Jugendlichen denen nach dem „saturday-nigth-fever“ 08:30 Uhr zu früh ist, oder auch von Bauern aus dem ländlichen Gebiet um Linz, denen mit Stallarbeit, duschen und umziehen das Hochamt ebenfalls zu früh ist.
Die Linzer Gemeinde ist in den letzten Jahren langsam und stetig gewachsen. Der Umstand, daß es heute in Linz fast so etwas wie eine Personalpfarre für den alten Ritus gibt, ist geduldiger Aufbauarbeit zu verdanken: „Mit Geduld wird auch aus Gras Milch.“
Die Geschichte dieser Gemeinde reicht bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil zurück.
Der Anfang: Damals wirkte in der Linzer Minoritenkirche der weit über Oberösterreich hinaus bekannte Priester Josef Kronsteiner. In dem Buch „Eine Mutter und 11 Kinder“ (Veritas-Verlag: ISBN 3-85529-176-7) hat sein Bruder, ebenfalls Priester, die beeindruckende Geschichte dieser Familie niedergeschrieben. Josef Krornsteiner wollte den neuen Meßritus nicht zelebrieren und, feierte in aller Stille in der Minoritenkirche die „alte“ Liturgie weiter. Mit der Zeit sammelte sich dort eine kleine Gemeinde. Der damalige Bischof von Linz, Zauner, war so klug, dies nicht zu verbieten. So wurde in dieser Kirche ohne Unterbrechung trotz Liturgiereform immer der klassische römische Ritus zelebriert.
Nach dem Tode Kronsteiners fehlte aber ein Priester, der die tridentinische Messe gefeiert hätte. Engagierte Gläubige konnten den tschechischen Priester Vojtech Valent dafür gewinnen. Nachdem auch er krankheitshalber von diesem Dienst ausschied, übernahm Kanonikus Haslinger die damals eher kleine Gemeinde.
Im Frühjahr 1990 begann dann Pater Klaus Gorges, ein Priester der Priesterbruderschaft St. Petrus, von Salzburg aus, Kanonikus Haslinger bei der Feier der überlieferten Liturgie in der Minoritenkirche auszuhelfen. Anfangs nur ab und zu, dann immer häufiger, schließlich wurde die Petrusbruderschaft ganz mit der Betreuung dieser Gemeinde beauftragt. Von da an wuchs sie stetig und mit ihr die Seelsorge.
Langsames Wachstum: Mehrere Jahre hindurch fuhr nun ein Priester am Sonntag von Salzburg nach Linz feierte um 08:30 die heilige Messe, um dann nach Wien weiterzufahren und dort um 18:00 zu zelebrieren und schließlich nach Salzburg zurückzukehren. Ab Mitte 1995 wohnte Pater Dietmar Aust ständig in Linz, seit Sommer 1996 wirkt dort Pater Walthard Zimmer, zeitweise von einem zweiten Priester unterstütz, zeitweise allein. Seit seiner Priesterweihe vor über einem Jahr wirkt nun auch der Vorarlberger Priester Pater Bernhard Kaufmann in Linz und ganz Oberösterreich.
Reichhaltiges Angebot: Die seelsorgliche Betreuung gleicht nun fast der einer Pfarre. Es gibt neben den täglichen Messen – Montag, Dienstag und Mittwoch jeweils um 08:30 und um 18:00 Uhr, Donnerstag, Freitag und Samstag um 07:00 (nicht immer) und um 08:30 – Taufen, Erstkommunionen, Firmungen, Hochzeiten und Begräbnisse; wöchentliche Anbetungsstunden (Mittwoch 17:00) und eine monatliche Sühnenacht (zweiter Samstag im Monat, 20:00); Ministrantenunterricht, Kinderkatechese, Jugendgruppe und Christenlehre; einen Gebetskreis für Erwach-sene und einen Kindergebetskreis sowie Schulungsseminare zum Beispiel über die Benützung des Schottmeßbuches. Wallfahrten, eine jährliche Gemeindever-sammlung sowie Zeltlager für Kinder im Sommer runden die Aktivitäten ab.
Nicht nur Linz alleine: Pater Bernhard Kaufmann betreut mittlerweile kleine Gemeinden in den Pfarren Vestenthal und Schardenberg. In der Pfarre St. Konrad sorgt die Bruderschaft einmal im Monat für eine Meßgemeinde, eine Kinder- und eine Jugendgruppe.
Einheit und Friede: Der Linzer Diözesanbischof Dr. h.c. Maximilian Aichern hat den Priestern der Priesterbruderschaft St Petrus die uneingeschränkte Erlaubnis gegeben, in allen Kirchen und Kapellen der Diözese zu zelebrieren und zu predigen. Das "Jahrbuch der Diözese“ (Schematismus) führt die Messen in der Minoritenkirche mit dem Vermerk „alter Ritus“ genauso selbstverständlich an wie die Plakate, die in allen Kirchen aushängen und einen Überblick über alle Messen der Stadt geben.
Dieses unverkrampfte Verhältnis zum klassischen römischen Ritus führt weder zu Streit noch zu Spaltungen. Es könnte Vorbild sein für viele andere Diözesen, so daß der für den Tourismus geprägte Werbespruch „In Linz beginnt's“ einen ganz neuen Sinn bekommen würde.
Pater Walthard Zimmer